Svatý, svatý, svatý… Berliner Chor „Singflut“ auf Reisen – Benefizkonzert in Studanka

Mit steif gefrorenen Fingern blätterten wir zitternd die letzte Seite des Notenblattes um. Als der letzte Ton eben verklungen war, brandete tosender Beifall auf. Die wenigen Zuhörer, die noch nicht in den Bänken festgefroren waren, nutzten so die Gelegenheit, sich ein wenig die Finger zu wärmen. Die Kirche des Heiligen Franz von Assisi in Studanka (Schönborn, Tschechien) hatte ihr erstes Benefizkonzert erlebt. Der Förderverein zur Kirchensanierung in Schönborn hatte die Singflut eingeladen, gemeinsam mit zwei anderen tschechischen Chören für die Instandsetzung des Kirchturms zu singen. So kam es, dass wir uns am Samstag, den 21. April in Richtung Dresden aufmachten. Nach einer kurzweiligen Fahrt durch die deutschen Lande fanden wir Dank Navigationssystem kurz hinter der deutschen Grenze die weithin sichtbare neoromanische Kirche aus dem Jahre 1872. Der Kirchturm war von einem Gerüst verhüllt, so dass wir die Schönheit des Bauwerks nur erahnen konnten. Unsere Hilfe tat also sichtbar Not. Aber zunächst ging es in unsere Unterkunft, das Kloster der „Töchter der göttlichen Liebe“. Wir wurden von einer Ordensschwester herzlich empfangen. Aufgrund von Sprachproblemen verlief die Unterhaltung recht kurz, aber ein freundliches Lächeln überbrückte alle Barrieren. Hier waren wir etwas schlicht, aber ausgesprochen günstig untergebracht. Nach einem kurzen Auspacken der Taschen ging es sofort zügig weiter zurück zur Kirche. Unter dem Motto „Frieren statt Singen“ begannen wir die Generalprobe. In der Kirche war es wirklich a…kalt, und das ist nicht gelogen. Brillenträger wussten bei langen Vokalen stets, was die Brille beschlagen hatte. Die ersten Töne, die Norbert der alten Orgel aus Prag entlocken konnte, glichen eher einem behäbigen Ächzen, Knarzen und Quietschen. Umso erstaunlicher war es, dass Norbert schließlich aus dem Instrument trotz der sibirischen Kälte und der klemmenden Tasten und Manuale passable Klänge zu zaubern vermochte. Wir sangen aus Leibeskräften, später stieß dann der tschechische Chor, bestehend aus acht Sängerinnen und Sängern dazu. Nun wurden wir vor eine besondere Aufgabe gestellt: gemeinsam auf tschechisch das „Svatý, svatý, svatý“ (Heilig, heilig, heilig) zu singen. Nach dem ersten Versuch stellten wir überrascht fest, dass wir offenbar sogar auf finnisch singen können. Erstaunlich war, dass auch die Tschechen perfekt finnisch konnten…

Man sieht, die Musik verbindet die Menschen über Grenzen hinweg. Zum Ende der Probe waren dann alle froh, den Eiskeller (die Orgelempore) verlassen zu können. Zum Glück hatten wir ein warmes Plätzchen am Kamin eines gediegenen tschechischen Restaurants reserviert, wo wir uns mit Gulasch, Sauerbraten und Palatschinken verwöhnen ließen. Das war wirklich gut. Nach einer friedlichen Nacht im Kloster sprangen wir am nächsten Morgen aus den Betten, um das bereits servierte Frühstück einzunehmen. Und dann ging es auch schon los in die Kirche: ein kurzes Einsingen, und die Messe begann.

Die Kirche war für den Gottesdienst feierlich ausgestattet mit ihren hohen Fenstern, durch die das Sonnenlicht strahlte, den vielen Seitenaltären und den Bildnissen der Heiligen. Dennoch zeigten sich deutliche Schäden in der Bausubstanz, die unseren Einsatz rechtfertigten. Die Kerzen am prunkvollen Altar mit dem Bildnis des Heiligen Franz von Assisi leuchteten hell und warm, trotzdem war es immer noch a…kalt. Wir überlegten ernsthaft, ob wir direkt für eine Heizung der Kirche spenden sollten. Dank des Faltblatts mit der Ankündigung des Konzertes (Beneficní koncert, katolického chrámového sboru „Singflut“ pri kostele Svatého Ludvíka, Berlín Wilmersdorf pod vedením Norberta Gembaczky) füllte sich die Kirche trotz der extremen Kälte nach und nach. Da erklang jedoch bereits das Einzugslied der Orgel und es wurde das Grußwort unseres Pfarrers Pater Hans-Georg Löffler verlesen, mit dem auch gleichzeitig eine großherzige Spende unserer Gemeinde St. Ludwig überreicht wurde. Die Messe wurde in tschechisch und deutsch abgehalten, musikalisch untermalt von dem Chor „Kviltet“ der Stadt Varnsdorf, dem Chor des bischöflichen Gymnasiums Varnsdorf und uns, der Singflut. Im Anschluss an die Messe fand das eigentliche Benefiz-Konzert statt. Nacheinander brachten die einzelnen Chöre verschiedene Werke in verschiedenen Sprachen zu Gehör, unter anderem von Komponisten wie Moore, Duruflé, Bach, Rutter und Fauré. Den krönenden Abschluss des Konzerts bildete ein gemeinsamer Auftritt der Chöre Kviltet und Singflut: wir sangen das „Ave verum corpus“ von Mozart in lateinisch und „Tochter Zion“ von Händel in tschechisch, deutsch und englisch. Alle Sänger und Zuhörer waren vor Rührung erfroren, denn es war immer noch arg kalt. Dennoch gab es einen überaus warmen Geldsegen von Spenden, der nun für die weitere Sanierung der Kirche verwendet werden kann. Gegen einen kleinen Geldsegen war auch der freundliche Kellner in dem uns bereits bekannten gediegenen Restaurant bereit, uns noch mal eine üppige, sehr leckere und vor allem warme Mahlzeit zu kredenzen. Derart gestärkt traten wir frohgemut die Rückreise an.

Wir haben viel gelernt:

1. „Heilig“ heißt auf tschechisch „svatý“.

2. Wenn Menschen zusammen singen, ist Harmonie zu spüren. (Zitat Internetseite Förderverein Kirchensanierung Schönborn, http://www.kirchensanierung-schoenborn.de)

3. Finnisch ist gar nicht so schwer.

4. Nimm immer ausreichend warme Kleidung mit, egal wo du hinfährst, es könnte arg kalt sein.

 

(Erlebnisbericht von Juliane und Tina)