Seit 2015 findet jährlich am 20. Juni in Deutschland ein Gedenktag für die 14 Millionen Opfer von Flucht und Vertreibung zugleich mit dem Weltflüchtlingstag statt. Als Folge des von Deutschland begonnenen zweiten Weltkriegs wurden auch 3 Millionen Deutsche aus dem vor 800 Jahren besiedelten Sudetenland vertrieben, zwangsumgesiedelt oder mussten flüchten. In ihrer Rede an diesem Gedenktag äußerte die Bundeskanzlerin Merkel;
„Die Heimatvertriebenen waren Opfer, die bitteres Unrecht erlitten haben. Aber wir verkennen auch nicht Ursache und Wirkung: Vertreibung und Flucht der Deutschen waren eine unmittelbare Folge des von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkriegs und der unsäglichen Verbrechen während der nationalsozialistischen Diktatur. Doch das ändert nichts daran, dass es für Vertreibung weder eine moralische noch eine politische Rechtfertigung gab.“ Dieser Satz bedingte scharfe Kritik seitens tschechischer Spitzenpolitiker.
Für die Generation der Heimatvertriebenen selbst, war und ist die Vertreibung ein lebenslanges Trauma. Auch wenn sie keinen Hass mehr hegen dennoch würden sie ein wenig mehr Gerechtigkeitsgefühl und Einsicht tschechischer Spitzenpolitiker begrüßen. Im Gegensatz dazu wird die Vertreibung aus der Sicht vieler jungen Tschechen heute als ein Fehler gesehen, zumal sich die Regionen oft bis heute nicht wirtschaftlich erholt haben. Als Enkelgeneration entdecken sie ihre Geschichte neu und seit der Wende können die heimatverbliebene Minderheit von ca. 40.000 Menschen mit deutschen Wurzeln und die tschechische Mehrheit wieder frei aufeinander zugehen und den Weg zur Versöhnung in Europa weiter beschreiten.
„Nur ein Leben“ – ein bemerkenswerter Roman erzählt eine lange tabuisierte Geschichte über die Vertreibung von Menschen aus ihrer jahrhundertelangen Heimat, aus der Gemeinschaft des Dorfes und der Städte in denen sie nach alter Ordnung lebten, wurden sie aus ihrem beruflichen und gesellschaftlichen Umfeld herausgerissen.
Ein Stück zutiefst trauriger deutsch-europäischer Geschichte bildet den Hintergrund für das berührende Schicksal der vier Hauptfiguren des Romans.
Bedingt durch einen Schicksalsschlag, werden ein Mann, zwei Frauen und ein Kind in eine ungewöhnliche Gemeinschaft gedrängt. Sie sind einander nicht nur in Liebe, sondern auch in Hass verbunden. Doch eines Tages müssen sie erkennen, dass es um mehr geht als ihre persönlichen Konflikte: Es geht ums Überleben!
Als deutsche Minderheit in der damaligen Tschechoslowakei lebend, sehen auch sie sich nach der Machtergreifung Hitlers und dem Beginn des 2. Weltkriegs alsbald von den dramatischen Auswirkungen dieses barbarischen Krieges und den menschenverachtenden Bedingungen eines Lebens unter einer blutigen Diktatur betroffen.
Obwohl an keinem der schrecklichen Vorgänge beteiligt, werden sie nach Kriegsende zusammen mit vielen anderen Deutschen im Sinne einer Kollektivschuld für alle begangenen Kriegsverbrechen mit Lageraufenthalten und Zwangsarbeit bestraft. Im Zuge einer von den Siegermächten gebilligten Vertreibung verlieren sie ihre gesamte Habe und ihre Heimat.
Ihr Überleben verdanken sie nicht nur ihrer eigenen Widerstandskraft, sondern auch dem Mitgefühl und der Hilfsbereitschaft anständiger Menschen, deren Denken nicht in der Einteilung der Welt in Freund oder Feind befangen war.
Die in Mährisch-Trübau 1933 geborene Autorin, Ingeborg Schuchart, schildert mitfühlend in ihrem Erstlingswerk, teilweise aus der Erinnerung eines damals zwölfjährigen Mädchens, die ernsten und sehr erschütternden Zustände für Opfer von Flucht und Vertreibung aus den ehemals deutschen Landesteilen Böhmen und Mähren. In ihrem Roman haben die Unglücklichen einen Namen: Therese Sattler, Anna Kapek und Enkelin Emma sowie Dr. Joseph Renner. Der Autorin ist es gelungen, eine komplizierte Familiengeschichte und die gesellschaftlichen Verhältnisse der damaligen Zeit, atmosphärisch so zu erzählen, als wäre man selbst dabei gewesen. Trotz Zwangsarbeit, Internierungszeiten und anderer heftiger Repressionen, welchen die Sudetendeutschen ab Mai 1945 (Benes-Dekrete) ausgesetzt waren, zeigt dieser Roman auch die zutiefst menschliche Seite von Hass, Liebe, Mitgefühl, Verständnis und Hilfsbereitschaft.
Die Anfänge des lebenslangen Traumas der Heimatvertriebenen werden von Ingeborg Schuchart geradezu „seziert“ und die Zustände, Gefühle der Protagonisten werden so feinfühlig beschrieben, dass dieser Roman inhaltlich und stilistisch auch für die Enkelgeneration der drei Millionen, heimatvertriebenen Sudetendeutschen lesenswert ist.
Als „Augenöffner“ ist der Roman „Nur ein Leben“ von Ingeborg Schuchart für diejenigen Leser gedacht, die sich genauer für das große Lebensdrama der insgesamt 14 Millionen Deutschen interessieren, die in den Zeiträumen 1944/45 und 1950 von Flucht und Vertreibung betroffenen waren und ihre alte Heimat nicht vergessen konnten.
Roman – von Ingeborg Schuchart (Autor)
Broschiert: 452 Seiten EUR 19,80
Verlag: OsirisDruck; Auflage: 1 (23. April 2018)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 394139472X
ISBN-13: 978-3941394728
>> Hier bei Amazon kaufen <<